Aggressionsverhalten und positive Verstärkung
Emmi 3 Jahre, Schäferhund-Mix.
Vierter Hundeschulbesuch.
Ersten 9 Monate Kettenhaltung in Bosnien,
Probleme zum Zeitpunkt der Anmeldung:
Verhalten:
- Leinenaggression Artgenossen
- Leinenaggression Menschen
- Leinenaggression gegenüber allem Unbekanntem
- Aggression Artgenossen im Freilauf
- Ggfls. Aggression Menschen im Freilauf
- Rückgerichtete Aggression, gegenüber Bezugspersonen
- Übersprungsverhalten (Aggression gegenüber Unbeteiligten)
- Nicht ansprechbar
- Übermäßiges Bellen
- Dauerhafte Stresszeichen
- Ruhelosigkeit
- Reizempfindlich
- Zeitweise generell ängstlich/ aggressiv
Gesundheit:
- Sehr häufiges Übergeben unverdauter Nahrung am Abend
- Schuppiges Fell
- Häufiges Kratzen
- Fellverlust bei Aufregung
- Abends/ Nachts ständiges übermäßiges Hecheln
- Häufiger Durchfall
- Tierärztlich kein Befund, Verdacht auf Allergien
Trainingsbeginn: Mai 2013
Als wir mit Emmi das Training bei Canesance begannen, hatten wir schon einen längeren Weg, mit sämtlichen Trainingsrichtungen durch. Wir hatten bereits vier unterschiedliche Hundeschulen besucht und versuchten es mit vielen Tipps aus Büchern oder Internet. Das unser Hund auf Menschen und Artgenossen so offensiv reagiert, machte uns wirklich das Leben schwer. Einen Hund der dermaßen aggressiv in der Leine hängt und sich null beruhigen lässt, bei jedem Auslöser immer dasselbe, das macht wirklich keinen Spaß! Jede bisherige Trainingsart und jeder Tipp hinterließ bei uns immer nur einen Berg voller offener und unbeantworteter Fragen…
Nach vier Hundeschulen fühlte ich mich wirklich schlecht, ich machte mir Vorwürfe, weil ich es nicht schaffte „hart“ genug für meinen Hund zu werden… „Du musst durchgreifen, sonst wird aus dem Hund nie was…“ Ich bin überhaupt kein Typ dafür! Ich möchte meinem Hund nicht weh tun, bedrängen, Angst machen, mit ihm um eine Rangordnung kämpfen, ihn anknurren, blocken, schupsen, rucken, etwas nach ihm werfen…
Aber ich habe es getan und ich fühlte mich schlecht. Gebracht hat es immer nur kurz etwas… hatte ich es geschafft, dass sie einen Mann mal nicht anbellte, bekam es der nächste Hund dreifach ab. Das Ende vom Lied war, ich kam völlig genervt nach Hause, gab meinem Hund etwas zu essen, der verkrümelte sich schnell… einfach nicht schön!
Die Aussagen unserer damaligen Trainer waren „Wir arbeiten gewaltfrei, aber bei Aggression geht es nicht anders…“
Um mein Gewissen zu beruhigen und nicht allzu blöd dazustehen vor anderen Leuten, wenn Emmi mal wieder ihren vollen Ausraster hatte, schimpfte ich auf sie ein. Gebracht hat es null, ich wurde nur sauer auf Emmi, weil ich mich in Rage schimpfte, sie ließ sich draußen nicht mehr von mir anfassen und da standen wir nun, ich mit einem Hund der völlig außer sich in der Leine hängt, nicht mehr zu beruhigen ist und ich konnte nichts tun, außer abwarten bis es aufhört oder sie weiter ziehen…
Über eine Facebook Gruppe wurde mir Canesance empfohlen, ich schilderte unser Problem mit Emmi.
Nerina konnte mir beim Erstgespräch erstmals alle meine Fragen beantworten und ich hatte ein so großartiges Gefühl, weil sie mir bestätigen konnte, was ich immer gehofft habe… Ich kann meiner Emmi das Leben beibringen, ohne sie zu erschrecken, Angst zu machen, oder ihr gar weh zutun! Eigentlich habe ich es immer gewusst, aber endlich war jemand da, der uns das auch bestätigte und uns zeigte wie es geht!
Nach dem Konditionieren des Markers blieb schon der erste Spaziergang im Park auf Distanz zu Menschen relativ entspannt! Das hatte mich erstmal total von den Socken gehauen.
Der für mich wichtigste Punkt: Was kann Emmi alles, was tut sie gerne, wie bewegt sie sich entspannt, an was erfreut sie sich?... Oh Schreck... vor lauter Schimpfen und Ärger, ist mir das Wichtigste aus dem Sinn verloren gegangen... wie toll mein Hund ist, was er gerne tut und was er liebt...
Nerina lehrte mich meinen Hund zu beobachten, auf die kleinsten Dinge zu achten, wie schnüffelt sie, wie buddelt sie, wie bewegen sich die Ohren, die Rute, die Augen, der Rücken, wenn sie entspannt ist, wenn sie aufgeregt ist, wenn sie neugierig ist, wenn sie freudig ist oder wütend...
Darauf bauten wir auf und zogen uns Umweltbelohnungen: Buddeln, wälzen, flitzen, rennen, springen, lauern, schauen, schnüffeln...etc.
Jedes tolle Verhalten wurde benannt und verstärkt, Emmi ist darin richtig aufgegangen, dass ich nicht motzend und telefonierend neben ihr laufe und sie ständig rufe... Ich fing an zu erkennen, wie schön mein Hund ist!
Unsere „Werkzeugkiste“:
- Konditionierte Entspannung
- Entspannungssignal
- Aktive Entspannung
- Isometrische Übungen
- Geschirrgriff/ Abbruchsignale
- Umorientierung
- Aufmerksamkeitssignal
- 10 Leckerchen Spiel
- Zeigen und Benennen
- Kurven laufen
- Hand-Touch, Fuß-Touch
- Medical Training
- Rückruf
- Anker
- Ein paar Tricks
- Intermediäre Brücke
- Umweltbelohnungen
- Diverse Alternativverhalten
- Belohnungslisten (ändern sich fast wöchentlich) … und vieles mehr
Ich kann nur sagen, der Aufbau jedes einzelnen Werkzeuges, hat uns sowas von Spaß gemacht!
Wir haben für uns einen Weg gefunden, konsequentes Training durchzuziehen, weil wir es verstanden haben, weil es funktioniert. Weil wir auch gelernt haben erkennen zu können, wo der Haken ist, wenn etwas mal nicht funktioniert! Weil wir (inkl. Hund) mehr als nur motiviert sind! Jedes Werkzeug wurde rein positiv aufgebaut, ich liebe es wenn Emmi freudig angerannt kommt, weil ich ein „Touch“ abrufe.
Das Wichtigste, was wir aufgebaut haben, war Vertrauen! Emmi weiß, was sie von uns zu erwarten hat, sie weiß dass aus unseren Händen ausschließlich Gutes für sie kommt, dass es für sie keine aversiven Konsequenzen gibt! Sie kann sich stets auf uns verlassen! Während des Traningsverlaufes konnte ich ihr viele wichtige Alternativen bieten, anstatt nach vorne zu brettern, konnte sie hinter mir ein Touch machen; anstatt zu fixieren, konnte sie mit mir Kurven laufen; sie konnte sich für ein Spiel von Auslösern abwenden, ich konnte jedes unerwünschte Verhalten positiv mit einer Alternative abbrechen, welche sich für sie eher lohnte und in ihrer Motivation lag.
Was anfangs für viele Leute mühsam aussah und wir oft gefragt wurden, ob wir jetzt immer klickernd und tackernd durch die Gegend laufen müssen, ist heute ein so ritualisierter Vorgang, der kaum noch jemandem auffallen würde. Wo wir sie anfangs mit vielen Alternativen noch weg von Auslösern holten, konnten wir letztendlich jeden Reiz der ein negativer Auslöser war, zu einem Reiz umpolen, der Gutes ankündigte.
So sind wir nun an einem Punkt, an dem sie interessiert ist an Menschen und Artgenossen! Wir konnten viel entspannt auf Wiesen sitzen und Auslöser anschauen, beobachten hinterher schnüffeln und mit positiven Dingen verknüpfen, nun freut sie sich „Auslöser“ zu treffen und sie anzuzeigen. Sind sie noch etwas gruselig, geht sie ihren Weg weiter an meiner Seite, sind sie toll, darf sie nach Rücksprache gerne „Hallo“ sagen gehen. Sie kann ihre Werkzeuge selbst anwenden, sie hat gelernt was ihr gut tut! Sie kann sich im Spiel mit Artgenossen selbst bremsen, reagiert toll auf Signale anderer Hunde, kann sich zurückziehen, oder bei mir Entspannung abholen, wenn ich merke es wird zu doll, kann sie jeder Zeit rausrufen ohne Frust aufkommen zu lassen!
Durch die Minimierung des Frustes im Alltag und die kontinuierliche Entspannung, gab es keinerlei Hetzen mehr, die gesundheitlichen Probleme sind nie wieder aufgetreten, sie ist jederzeit ansprechbar, abrufbar, zuverlässig, fröhlich, weich und lustig!
Auf Seminaren präsentiert sie sich neuerdings öfter als Oberclown, obwohl Menschen um sie herum sind, die sie anschauen, fängt sie das wilde Spielen an und lässt es sich auch nicht nehmen, mal völlig durchgeknallt vor den Menschen ihren Flitzeanfall zu zeigen, dann lehnt sie sich gerne an mich an und kann auch einfach mal entspannen und zuschauen.
Positive Verstärkung hilft bei Aggressionen nicht? Wirklich? Wo kein Frust, keine Wut, keine Auslöser, keine Befürchtungen, keine Schmerzen da wird Aggression auch schlecht zu finden sein... Mit guter Laune meckert es sich einfach schlechter!
Mit positiver Verstärkung habe ich gelernt, unerwünschtes Verhalten gewalt-, schmerz- und schreckfrei abzubrechen, Alternativen zu bieten, meinem Hund Sicherheit und Selbstständigkeit zu ermöglichen, erwünschtes Verhalten zuverlässig zu festigen, meinem Hund einen Weg (meine Regeln) vorzugeben, den er gerne geht weil es sich für ihn lohnt! Ich kann Emmi lieb haben so wie ich will, ich muss nicht schimpfen oder meckern, ich kann Emmi einfach sagen was ich möchte und sie auch fragen was sie möchte…
Ich danke vorallem Canesance für die tolle freundschaftliche und fachlich kompetente Unterstützung, sowie vielen weiteren, die uns sowohl mit Gruppenkursen, als auch Seminaren zu unserem Erfolg mit positiver Verstärkung begleitet haben.
Hundeschule im Biet, Caneami, 4Steps4Dogs, Cumcane
Euer Team Emmi