Zissou1

Angstverhalten bei einem Hund aus dem Tierschutz

hr

Der Hund: Zissou, griechischer Straßenhund, männlich
Die Menschen: Julia, Lehrerin, weiblich & Steffen, Barista, männlich

Die Baustellen:

  1. Angst vor fremden Menschen (v.a. Männer), Fahrrädern o.ä. (Reaktion: Panik & Flucht, später hinrennen und bellen)
  2. kaum ansprechbar / in eigene Welt versunken / sehr gestresst
  3. vereinzelnde Hundebegegnungen (fixieren & drauf los rennen)
  4. Jagen

Die Lösung:

Nerina Aupperle, mit Herz und Verstand und einer voll gepackten Werkzeugkiste (Klicker/Markersignal, tausend verschiedene Belohnungsmöglichkeiten/funktionale Verstärker, Entspannungstraining, Zeigen&Benennen, Pendeln, Berücksichtigung medizinischer Aspekte, Berücksichtigung menschlicher Aspekte und vieles vieles mehr). Einfach die beste Hundetrainerin der Welt.

Die Geschichte:

Zissou2Zissou war etwa ein Jahr jung, als mein Mann und ich ihn bei uns aufnahmen. Ein junger (unkastrierter) bildschöner Rüde von den Straßen Griechenlands, für den unsere Welt zunächst nichts als Angst und Schrecken bedeutete. Alles hier war fremd für ihn, geschlossene Räume, glatte Böden, Treppen und vor allem überall fremde Menschen und fremde Hunde. Ich bin jetzt noch tief beeindruckt davon, was dieser kleine Mann vor allem in der Anfangszeit alles geleistet hat, denn leider war ich ihm dabei nicht immer eine große Hilfe.

Für uns war das auch alles neu, er ist unser erster Hund (mein Kindheitstraum), und wir wollten natürlich von Anfang an alles richtig machen. So begann ich also schon lange vor seiner Ankunft damit, Bücher zu lesen, das Internet zu durchforschen und nach einer guten Hundeschule zu suchen. Zissou war dann gerade mal ein paar Wochen bei uns, da rauchte mir schon vor lauter unterschiedlicher Ratschläge und Erziehungstips gehörig der Kopf. Mein Bauchgefühl hatte inzwischen kaum noch etwas zu melden, denn mein Kopf hatte sich fest vorgenommen, der Sache nun auf den Grund zu gehen.

Im Nachhinein hätte ich lieber ein wenig länger auf mein Bauchgefühl gehört, denn angefangen von den Ratschlägen der Tierschutzorganisation, bis zu den verschiedensten Trainingsphilosophien mehrerer Hundetrainer wurde ich immer wieder aufs neue enttäuscht und immer mehr verunsichert. Am Ende habe ich meinen geliebten Hund am Hals geruckt und in die Seite gezwickt, obwohl mein ganzer Körper sich dagegen wehrte. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mir das heute noch vorwerfe.

Zunächst klang alles völlig plausibel, doch es fühlte sich einfach falsch an und sobald ich anfing etwas tiefer zu bohren, zu fragen "Warum genau ist das so?" und "Woher weiß der das eigentlich?" befand ich mich in einem luftleeren Raum. So irrte ich weiter umher und suchte mal mit dem Kopf, mal mit dem Bauch nach dem richtigen Weg für mich und meinen inzwischen pubertierenden, die Welt entdeckenden kleinen Freund.

Irgendwann hatte ich dann das Glück, eine Hundetrainerin zu treffen, die mir nicht nur Antworten auf meine Fragen geben, sondern diese auch adäquat untermauern konnte. Meine liebe Nerina. Zunächst war ich skeptisch, ich hatte ja schon so meine Erfahrungen mit verschiedenen Hundetrainern, doch am Ende siegte meine Neugier und wir vereinbarten einen ersten Termin.

Schnell wurde mir klar, dass ich nun endlich auf dem richtigen Weg angekommen war. Nerina half mir dabei, das große Durcheinander an (Fehl-)informationen in meinen Kopf zu sortieren und überzeugte mich stets mit großem Fachwissen und vertrauenswürdigen Quellen. Sie begleitete mich durch die schwere Entscheidung, ob eine Kastration sinnvoll ist, oder nicht. (Nach einem Test mit dem Kastrationschip, haben wir Zissou dann guten Gewissens kastrieren lassen und sind sehr froh über diese Entscheidung.) Als Lehrerin wusste ich zwar schon einiges über positive Verstärkung und verschiedene lernpsychologische Prozesse, aber erst durch Nerina begann ich, dies auch in der Hundeerziehung sinnvoll zu nutzen und lernte unglaublich viel neues dazu (nicht nur für die Hundeerziehung). Gemeinsam fanden wir viele tolle Belohnungsmöglichkeiten für meinen anfangs unglaublich schwer zu belohnenden Zissou und endlich fingen mir die Spaziergänge wieder an Spass zu machen.

Zissou3Durch Nerina lernte ich, gelassener mit unseren Baustellen umzugehen, da sie mir immer dabei half, die Ursache zu verstehen und mir das richtige Werkzeug an die Hand gab, um eine Lösung zu finden. Wenn man einmal wirklich verstanden hat, was genau das Problem ist, fällt es einem ungemein leichter, geduldig daran zu arbeiten, denn manche Dinge brauchen auch einfach ein wenig Zeit.

Ich konnte Zissou nun geben, was er wirklich brauchte (z.B. Sicherheit, Distanz, Entspannung, Freiraum, tolle Beschäftigungen), ihm zeigen, wie er bestimmte Situationen mit und ohne mich gut meistern kann (z.B. wenn Fahrräder vorbeifahren oder gruselige Männer auf uns zu laufen) und musste nichts mehr von ihm verlangen, was er einfach nicht leisten konnte und uns beide nur frustrierte (z.B. ständig zu mir gerannt zu kommen und an meinem Knie zu kleben). Inzwischen haben wir eine innige Beziehung zueinander, können uns gegenseitig voll vertrauen, eine Menge Spass miteinander haben und, wer hätte das gedacht, hin und wieder klebt mir mein selbstständiger Kerl doch tatsächlich mal am Knie und gibt damit an, was er so alles tolles kann ;-)

Dank Nerina muss ich mich nie mehr künstlich wie ein autoritärer Rudelführer verhalten, sondern darf mit Herz und Verstand ein bisschen wahre Autorität entwickeln. Das ist ein himmelweiter Unterschied, denn autoritär sein kann jeder, Autorität muss man sich verdienen!

Sie verhalf mir zu so viel Hintergrundwissen und gab mir und Zissou so viel verloren gegangenes Selbstvertrauen zurück - dafür kann ich ihr gar nicht genug danken !!!

In diesem Sinne sind wir dir ewig verbunden

von ganzem Herzen dankbar

Dein Team Zissou