Daika aus dem Tierschutz
Vorgeschichte
Daika kam Ende Mai 2014 zu mir. Ich hatte sie über eine Tierschutzorganisation gefunden, mich direkt in sie verliebt und sie so schnell wie möglich zu mir geholt, nachdem ich sie nur einmal gesehen hatte. Nicht einmal einen gemeinsamen Spaziergang haben wir gemacht. Ich hab sie gesehen und wollte sie haben…. Im Nachhinein betrachtet war das unglaublich naiv. Sie war davor zwei Wochen auf einer Pflegestelle, es gab außerdem zwei Vorbesitzerinnen von denen nur eher ungenaue Informationen über ihre Vorgeschichte vorlagen.
Schon beim ersten gemeinsamen Spaziergang zu Hause tat sich ein Problem auf, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Daika reagierte stark leinenaggressiv auf andere Hunde. Schon beim Anblick eines Artgenossen von weitem versteifte sich Daikas Körperhaltung, sie fixierte und rastete dann auch sehr schnell komplett aus. Mehrmals kam es zu rückgerichteter Aggression in meine Richtung, wenn ich sie absichtlich oder versehentlich in solchen Momenten berührte oder in meinem Unwissen kurz nahm und sie damit (ungewollt) noch mehr unter Druck setzte. Sie hat nicht „richtig“ zugebissen, aber blaue Flecken hatte ich mehrfach an den Beinen. Auch auf fremde Menschen reagierte Daika anfangs sehr nervös und schnell auch aggressiv. Sie hat dabei so gut wie gar nicht gewarnt oder gemieden, sondern ging sofort und vehement „nach vorne“. Dass es am Anfang zu keinem Beißvorfall kam, war eigentlich einfach nur Glück. Knapp war es mehrfach.
Ich war ziemlich geschockt durch das alles und in den ersten Tagen auch so überfordert, dass ich starke Zweifel hatte, ob ich diesen Hund behalten kann. Zumal ich in der Stadt wohne und wir sehr häufig auf vergleichsweise engem Raum mit fremden Hunden und fremden Menschen zu tun haben.
Erstes Training
Zum Glück hatte ich Nerina Aupperle im Jahr zuvor bei hundehaltenden Freunden kennengelernt, als ich in einem Besuchertraining als „Statistin“ aufgetreten war. Ich wusste also schon ein wenig über ihren Ansatz des Trainings über positive Verstärkung Bescheid. Mein Hund und ich verloren damit keine wertvolle Zeit mit der Suche nach dem richtigen Training. Darüber bin ich heute noch sehr, froh und dankbar.
Eine gute Woche nach Daikas Einzug bei mir hatten wir unsere erste Trainingsstunde bei Nerina Aupperle. Hund und Mensch waren zu dem Zeitpunkt zwei komplette Nervenbündel. Ich muss heute schmunzeln und kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie zittrig und unsicher ich mich mit Daika an der Leine gefühlt habe, immer in Erwartung des nächsten Ausrasters.
Das Training
Ab diesem Tag und der ersten Stunde ging es aber direkt aufwärts. Wir lernten den Clicker bzw. das Markersignal kennen und entwickelten gemeinsam Strategien für diese täglich auftretenden Stresssituationen, denen wir teilweise in der Stadt nur schwer aus dem Weg gehen können. Ich musste außerdem erkennen, dass es meine Hauptaufgabe ist, zu verhindern, dass der Hund diesen Situationen hilflos und ohne meine Unterstützung ausgesetzt ist. Gerade im Kontakt mit fremden Menschen, die es zwar meistens „gut“ meinen, sich aber leider einem Hund gegenüber oft komplett falsch verhalten. Ich habe gelernt, erfindungsreich zu sein und vorausblickender. Auf manche Idee wäre ich von alleine und am Anfang gar nicht gekommen. Meistens löst sich durch die Strategien, die wir im Training gelernt haben, die Anspannung und häufig kann der andere Hund, wenn er sich von hinten an uns annähernd auch passieren. Hilfreich war im Training für uns auch der Aufbau von „Zeigen und Benennen“. Daika weiß, was „Hund“ bedeutet und dass sie eine Belohnung bekommt, wenn sie mir den anderen Hund „zeigt“.
Für die Bindung und den Spaß miteinander haben wir im Herbst einen Beschäftigungskurs bei Nerina Aupperle besucht. Seitdem sind unsere Spaziergänge sehr viel spannender geworden, da zwischendurch Tricks eingebaut sind, an denen Daika große Freude hat. Meinen „verlorenen“ Schlüsselbund aufzuspüren ist jedes Mal ein Highlight für sie und kann damit auch gut als Belohnung alternativ zu Leckerli eingesetzt werden.
Fazit
Wir sind durch das positive Training bei Canesance sehr eng zusammengewachsen und ein gutes Team geworden. Menschenbegegnungen sind fast kein Problem mehr, wenn man Daika etwas Zeit lässt und sie nicht bedrängt. Im Gegenteil, immer häufiger kommt es vor, dass sie Besucher direkt in ihr Herz schließt und nach Minuten schon in den Schmusemodus übergeht. Bei fremden Personen, die Kontakt mit ihr aufnehmen wollen, kann sie in letzter Zeit immer öfter auf eigene Initiative, also ohne meine Hilfe ausweichen, wenn sie Abstand braucht.
Begegnungen mit anderen Hunden laufen oft sehr gut. Die kompletten Ausraster mit rückgerichteter Aggression haben wir keine mehr. Ich kann Daika heute in solchen Situationen sogar anfassen und damit beruhigen. Gemeinsame Gassirunden mit anderen Hundehaltern sind inzwischen möglich, da ich gelernt habe, was zu beachten ist. Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, dass dies in einigen Monaten zu erreichen ist, ich hätte es vermutlich nicht geglaubt. Und wohlgemerkt, dies war alles ohne Strafen oder sonstige negative Einwirkung auf den Hund möglich.
Ich freue mich auf alles, was ich gemeinsam mit meinem Hund noch lernen werde. Ein herzliches Dankeschön an Nerina Aupperle für das motivierende Training!